Mietausfallwagnis: Kennzahl für das Ertragswertverfahren
Wie kann ich das Mietausfallwagnis berechnen? Erhalten Sie hier Antworten auf diese und weitere Fragen rund um das Ertragswertverfahren und das Mietausfallrisiko!
1. Was ist das Mietausfallwagnis?
Bei der Vermietung besteht stets das Risiko, dass der Vermieter einen Teil seiner Mieteinnahmen nicht erhält. Das Mietausfallwagnis ist definiert als der Teil der Mieteinnahmen, bei denen anzunehmen ist, dass sie gänzlich ausbleiben. Die Gründe für ausbleibende Mieten sind vielfältig, wie beispielsweise:
- wenn ein Mieter auszieht und die Wohnung erst einmal leer steht
- wenn ein Mieter seine Miete nicht zahlt
- wenn ein Mieter aufgrund von Mängeln rechtmäßig Mietminderungen geltend macht
Mietausfallwagnis: Definition nach II. BV
Gesetzlich ist das Mietausfallwagnis gemäß § 29 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) definiert als
- das Wagnis einer Ertragsminderung, die durch uneinbringliche Rückstände von Mieten, Pachten, Vergütungen und Zuschlägen oder durch Leerstehen von Raum, der zur Vermietung bestimmt ist, entsteht
- es umfasst auch die uneinbringlichen Kosten einer Rechtsverfolgung auf Zahlung oder Räumung
- im Zusammenhang zwischen Mietausfallwagnis und sozialer Wohnungsbau gilt: Das Mietausfallwagnis darf höchstens mit 2 vom Hundert der Erträge angesetzt werden
Das Mietausfallwagnis bzw. Mietausfallrisiko ist eine wichtige Kennzahl für die Immobilienbewertung. Bei der Verkehrswertermittlung mit dem Ertragswertverfahren bewertet der Gutachter das Objekt basierend auf den Mieteinnahmen. Die tatsächlichen Mieteinnahmen können aufgrund der oben genannten Gründe jedoch unter den vertraglich vereinbarten Mieten liegen. Nimmt der Eigentümer mit der Vermietung seiner Immobilie weniger Geld ein, wirkt sich dies unmittelbar auf den Verkehrswert aus. Um das Risiko ausbleibender Mieten ausreichend zu berücksichtigen, ist das Mietausfallwagnis von der Jahresnettomiete abzuziehen.
2. Wie hoch ist das Mietausfallwagnis?
Der Begriff „Wagnis“ bezieht sich auf das Risiko bzw. die Gefahr ausbleibender Mieten. Ob der Vermieter tatsächlich von Einnahmeneinbußen betroffen ist und wie hoch diese sind, dazu lässt sich keine eindeutige Aussage treffen. Für die Verkehrswertermittlung zieht man daher Richtwerte heran. Der tatsächliche Wert kann in der Praxis abhängig vom Objekt aber auch darunter oder darüber liegen.
Die Spanne für das Mietausfallwagnis reicht von 2 bis 5 Prozent der Mieteinnahmen. Dabei sind die Bruttomieteinnahmen zu berücksichtigen, da bei einer ausbleibenden Mietzahlung im Normalfall auch die Nebenkosten vom Mieter nicht gezahlt werden. Der Vermieter aber streckt die Nebenkosten für Heizung, Warmwasser und eine Reihe weiterer Betriebskosten vor, weshalb diese Kosten bei Zahlungsausfall trotzdem anfallen. Ebenso muss der Vermieter für die Nebenkosten von leer stehenden Wohnungen aufkommen. Folglich sind für das Mietausfallwagnis die Nebenkosten einzuberechnen.
Welcher Prozentsatz angemessen ist, hängt von folgenden Kriterien ab:
- der Art der Immobilie
- der Lage und der damit verbundenen Vermietungssituation
- den Nutzungsmöglichkeiten
Für Wohnimmobilien ist ein Mietausfallwagnis von 2 Prozent üblich. Für Gewerbeimmobilien sollte man aufgrund des höheren Leerstandsrisikos eher einen Prozentsatz von 4 bis 5 Prozent ansetzen. Dabei sollte aber auch die individuelle Vermietungssituation betrachtet werden, die sich wesentlich aus der Lage der Immobilie ergibt. In guten Lagen lassen sich Immobilien meist leichter vermieten, weshalb das Mietausfallwagnis geringer ausfällt. Schlechtere Lagen fordern hingegen einen höheren Prozentsatz. Nicht zuletzt spielt auch die Mieterstruktur eine Rolle bei der Einschätzung, wie hoch das Mietausfallrisiko ist.
3. Wie wird das Mietausfallwagnis bewertet und berechnet? Hier Rechenbeispiel!
Beim Ertragswertverfahren sind vom Rohertrag der Immobilie verschiedene Bewirtschaftungskosten abzuziehen, um zum Reinertrag zu gelangen. Der Rohertrag entspricht hier der Jahresnettomiete. Zu den Bewirtschaftungskosten gehören:
- Kosten für Instandhaltungen
- Kosten für die Verwaltung
- Abschreibungen
- Mietausfallwagnis
Erst der Reinertrag einer Immobilie spiegelt den Betrag wider, den ein Vermieter mit seiner vermieteten Immobilie erzielt. Das folgende Rechenbeispiel zeigt Ihnen, wie Sie das Mietausfallwagnis beim Ertragswertverfahren berücksichtigen. Dafür nehmen wir folgende Zahlen an:
- Jahresnettomiete: 45.000 Euro
- Jahresbruttomiete (Mietausfallwagnis mit Betriebskosten berechnen!): 56.250 Euro
- Mietausfallwagnis: 4 % der Jahresbruttomiete
Mietausfallwagnis Berechnung:
Jahresrohmiete (Jahresnettomiete) |
45.000 Euro |
Instandhaltungskosten |
- 4.500 Euro |
Verwaltungskosten |
- 2.250 Euro |
Abschreibungen |
- 1.000 Euro |
Mietausfallwagnis |
- 2.250 Euro |
Reinertrag |
35.000 Euro |
4. Mietausfallwagnis bei Immobilienverkauf und Vermietung
Beim Verkauf einer Immobilie ist es empfehlenswert, zunächst den Marktwert der Immobilie zu bestimmen. Die Immobilienbewertung liefert Ihnen als Verkäufer eine verlässliche Basis für den Verkaufspreis. Wenn Sie eine vermietete Immobilie verkaufen wollen, eignet sich dafür das Ertragswertverfahren. In welcher Höhe Sie das Mietausfallwagnis in Ihre Berechnungen einbeziehen, wirkt sich auf das Ergebnis der Wertermittlung aus. Bereits eine Abweichung von einem Prozent kann abhängig von der Bruttomiete einen großen Unterschied ausmachen.
Im Rahmen der Vermietung sollte das Mietausfallwagnis die Zahlungsfähigkeit des Vermieters nicht wesentlich beeinträchtigen. Auch bei ausbleibenden Mieten sollte der Vermieter in der Lage sein, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und z. B. die Kreditraten zu zahlen. Daher ist es empfehlenswert, bei Neubezug die Miete so anzusetzen, dass sich mögliche Ausfälle ausgleichen lassen. Der Vermieter ist aber nicht dazu berechtigt, das Mietausfallwagnis als Betriebskosten im Rahmen der Nebenkostenabrechnung auf den Mieter umzulegen.
Lassen Sie Ihre Immobilie von einem Experten bewerten. Der Fachmann weiß, welches Mietausfallwagnis für Ihr Objekt in der jeweiligen Lage angemessen ist. Wenn Sie Ihre Immobilie über einen Makler verkaufen, nimmt dieser die Wertermittlung vor.
5. Mietausfallwagnis bei Immobilienkauf und Finanzierung
Beim Kauf einer Renditeimmobilie nimmt die Bank für die Finanzierung eine Bewertung vor, in die das Mietausfallwagnis einfließt. Damit sichert sich das Finanzinstitut gegen das Risiko ab, dass der Eigentümer seinen Kreditzahlungen aufgrund ausbleibender Mieten nicht nachkommen kann.
Doch das Mietausfallwagnis ist nicht nur für die kreditgebende Bank wichtig. Auch der Käufer sollte das Risiko von Mietausfällen richtig einschätzen und in seine Kalkulationen einbeziehen. Wenn Sie durch ausbleibende Mieten in eine finanzielle Schieflage geraten würden, sollten Sie dafür finanzielle Reserven einplanen. Das Mietausfallwagnis betrifft vor allem Vermieter einzelner Objekte. Wenn Sie hingegen Mehrfamilienhäuser vermieten, fällt eine leer stehende Wohnung nicht so stark ins Gewicht.