Das Vergleichswertverfahren – die Wertermittlung
Sie möchten Ihre Eigentumswohnung verkaufen? Oder den Wert für das geerbte Haus erfahren? Mit dem Vergleichswertverfahren erhalten Sie eine verlässliche Aussage zum Marktwert Ihrer Immobilie. Doch für welche Objekte eignet sich die Methode? Und worauf ist bei der Wertermittlung zu achten? Wir informieren Sie darüber, warum es für den erfolgreichen Verkauf so wichtig ist, den realen Marktwert zu kennen!
Inhalt dieser Seite:
- Wofür wird das Vergleichswertverfahren eingesetzt?
- Indirektes Vergleichswertverfahren
- Welche Vor- und Nachteile hat das Vergleichswertverfahren?
- Beispiel-Berechnung nach dem Vergleichswertverfahren
- Sonderfall Zielbaumverfahren bzw. Wohnwertverfahren
- Das Vergleichswertverfahren zum Ermitteln der Erbschaftssteuer
1. Wofür wird das Vergleichswertverfahren eingesetzt?
Das Vergleichswertverfahren eignet sich besonders gut dafür, den aktuell erzielbaren Marktpreis für eine Immobilie zu ermitteln. Anders als beim Ertragswertverfahren und Sachwertverfahren kommt bei dieser Methode die aktuelle Marktsituation wesentlich stärker zum Tragen. Aus diesem Grund ist das Vergleichswertverfahren in vielen Fällen das Mittel erster Wahl, um den Verkehrswert einer Immobilie zu berechnen. Welche Aspekte in die Verkehrswertermittlung einfließen und wie man den Bodenwert bestimmt, regeln die §§ 15-16 ImmoWertV.
Welchen Wert eine Immobilie hat, richtet sich nach der Lage sowie der Ausstattung, der Wohnfläche und vielen weiteren Faktoren. Das Vergleichswertverfahren macht sich dies zunutze und sucht sich vergleichbare Immobilien, die ähnliche Merkmale wie das Bewertungsobjekt aufweisen. Anhand des Vergleiches mit den Verkaufspreisen für eine Vielzahl an gleichartigen Objekten ist es möglich, zum Marktwert der Immobilie zu gelangen. Damit gilt das Vergleichswertverfahren als äußerst präzise, da es auf den tatsächlich erzielten Preisen von Vergleichsobjekten beruht. Geeignet ist die Methode für alle selbst genutzten Immobilien, also solche Objekte, bei denen Mieteinnahmen keine Rolle spielen. In der Praxis setzen Immobilien-Experten das Verfahren zur Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken, Häusern und Eigentumswohnungen ein. Geeignet ist die Methode für verschiedenste Haustypen vom Reihenhaus über die Doppelhaushälfte bis hin zum Einfamilienhaus.
Die Daten für das Vergleichswertverfahren liefern verkaufte Immobilien in der Nachbarschaft oder indirekt die Grundstücksmarktberichte und die Kaufpreissammlung vom örtlichen Gutachterausschuss. Wenn eine Immobilie von den Vergleichsobjekten in bestimmten Punkten abweicht – wie beispielsweise beim Alter oder bei der Ausstattung, sind diese Merkmale durch Zu- oder Abschläge zu berücksichtigen. Dafür nutzt das Verfahren die Indexreihen oder Umrechnungskoeffizienten. Für den Laien ist es oftmals schwierig, realistisch einzuschätzen, welche Anpassungen nötig sind. Wie genau der ermittelte Verkehrswert ist, hängt daher auch von dem Erfahrungsschatz und der Sachkunde des Experten ab.
2. Indirektes Vergleichswertverfahren
Ein direkter Vergleich mit den Verkaufspreisen für ähnliche Objekte ist nicht immer möglich. Das direkte Vergleichswertverfahren setzt voraus, dass in der näheren Umgebung eine gleichwertige Immobilie kürzlich den Besitzer gewechselt hat. Häufig trifft dies nur auf Wohnsiedlungen mit baugleichen Häusern oder auf Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern zu. Außerdem muss in diesen Fällen auch der Kaufpreis bekannt sein. Alternativ kommt daher häufiger der indirekte Vergleich auf Basis der Vergleichsfaktoren aus den Grundstücksmarktberichten sowie der Kaufpreissammlung der Gutachterausschüsse zum Einsatz. Bei Vergleich mit der Musterimmobilie ist darauf zu achten, dass die Merkmale mit dem Bewertungsobjekt übereinstimmen. Relevante Kriterien sind unter anderem das Baujahr, die Qualität der Wohnlage, die Größe und die Art des Grundstücks.
Als Hausbesitzer haben Sie die Möglichkeit, selbst auf Immobilienportalen zu recherchieren und eine Vergleichsliste zusammenzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um Angebotspreise und nicht um tatsächlich erzielte Verkaufspreise handelt. Eine genauere Auskunft gibt Ihnen ein Immobilienmakler, der die Immobilie vor Ort besichtigt und mit ähnlichen Objekten vergleicht. Der Makler kennt den lokalen Immobilienmarkt und hat einen guten Überblick zu den aktuellen Verkaufspreisen.
3. Welche Vor- und Nachteile hat das Vergleichswertverfahren?
Warum das Vergleichswertverfahren häufiger zur Anwendung kommt als die anderen zwei Bewertungsmethoden, macht die folgende Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile deutlich.
Vorteile im Vergleich zum Ertragswert- und Sachwertverfahren
- Das Vergleichswertverfahren bildet den Marktwert der Immobilie präziser ab, da es auf tatsächlich gezahlte Verkaufspreise zurückgreift. Damit spiegelt die Methode das aktuelle Marktgeschehen wider und liefert eine gute Aussage dazu, welcher Preis für den Verkauf angemessen ist.
- Die Berechnung ist beim Vergleichswertverfahren einfach nachvollziehbar. Daher wenden Immobilienmakler die Methode vorrangig an, um Häuser und Eigentumswohnungen für den Verkauf zu bewerten.
- Da das Vergleichswertverfahren durch eine objektive Bewertung zum momentanen Verkehrswert führt, bietet die Methode mehr Sicherheit bei der Preisfindung für den Verkauf.
Nachteile im Vergleich zum Ertragswert- und Sachwertverfahren
- Für den Vergleich ist eine ausreichend große Datenbasis erforderlich. Sind weniger als 10 Vergleichsobjekte vorhanden, liefert die Immobilienbewertung nicht das gewünschte Maß an Präzision.
- Der Verkehrswert unterliegt größeren Schwankungen, da sich die Bewertung am Marktgeschehen und den aktuellen Immobilienpreisen orientiert. Preiseinbrüche und Boom-Zeiten wirken sich stark auf das Ergebnis der Bewertung aus, weshalb das Vergleichswertverfahren nur eine Momentaufnahme wiedergibt.
4. Beispiel-Berechnung nach dem Vergleichswertverfahren
Für die Ermittlung des Verkehrswerts mit dem direkten Vergleichswertverfahren ist die folgende Formel anwendbar:
- (Verkaufspreis des Vergleichsobjekts / Wohnfläche des Vergleichsobjekts) x Fläche der zu bewertenden Immobilie = Verkehrswert
Beim indirekten Vergleichswertverfahren bezieht sich die Berechnung auf den Vergleichspreis pro Quadratmeter nach dem folgenden Schema:
- Größe der zu bewertenden Immobilie in m² x Vergleichspreis pro m² = Verkehrswert
Beispiel: Bewertung einer Eigentumswohnung mit Vergleichswertverfahren
Für die Berechnung wird ein Vergleichsobjekt mit einem Verkaufspreis von 220.000 Euro und einer Größe von 70 m² angenommen. Die zu bewertende Eigentumswohnung hat eine Fläche von 65 m2. Daraus ergibt sich folgende Berechnung:
- (220.000 Euro / 70 m²) * 65 m² = 204.286 Euro.
Beispiel: Bewertung eines Einfamilienhauses mit Vergleichswertverfahren
Liegt der Vergleichspreis pro m² bei 2.100 Euro, so hat das zu bewertende Haus mit einer Wohnfläche von 210 m² einen Wert von:
- 2.100 Euro x 210 m² = 441.000 Euro
5. Sonderfall Zielbaumverfahren bzw. Wohnwertverfahren
Das Zielbaumverfahren ist eine Sonderform des indirekten Vergleichswertverfahrens. Die Methode verwendet ein Punktesystem für Zu- und Abschläge, um Abweichungen von der Musterimmobilie systematisch darzustellen. In der Branche ist außerdem der Begriff Wohnwertverfahren für das Zielbaumwertverfahren nach Aurnhammer (dem Begründer) bekannt. Damit ist es beispielsweise möglich, den Verkehrswert einer Eigentumswohnung anhand der Gewichtung verschiedener Kriterien zu bestimmen. Die einzelnen Kriterien sind in die Kategorien Lage, Gebäude und Wohnung unterteilt. Für eine gute Wärme- und Schalldämpfung ist eine maximale Punktzahl von 20 vorgegeben. Liegt bei dem Bewertungsobjekt ein Instandhaltungsstau vor, erhält es nur 1 Punkt. Die wertbeeinflussenden Merkmale der Immobilie lassen sich so darstellen, gewichten und bewerten.
6. Das Vergleichswertverfahren zum Ermitteln der Erbschaftssteuer
Bei einer Erbschaft ist es für die Erben wichtig zu wissen, welche Erbschaftssteuer anfällt. Durch die Immobilienbewertung erhalten Erben zeitnah eine Aussage zum Verkehrswert der geerbten Immobilie. Für die Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern ist das Vergleichswertverfahren die bevorzugte Methode. Nur wenn keine ausreichende Datenlage verfügbar ist, wendet der Immobilien-Experte stattdessen das Sachwertverfahren an.