Liegenschaftszins: den Verkehrswert einer Immobilie ermitteln
Liegenschaftszins einfach erklärt: Wie kann ich den Liegenschaftszins ermitteln und welche Aussage trifft die Kennzahl?
1. Was ist der Liegenschaftszins?
Der Liegenschaftszins ist eine wichtige Kennzahl für die Immobilienbewertung. Bei der Bewertung vermieteter Immobilien kommt häufig das Ertragswertverfahren zur Anwendung. Beim Ertragswertverfahren liefern die marktüblich erzielbaren Mieteinnahmen die Berechnungsgrundlage für den Ertragswert des Gebäudes. Vom Reinertrag des Grundstücks zieht der Gutachter die Bodenwertverzinsung ab, um so zum Gebäudereinertrag zu gelangen. Die Bodenwertverzinsung wiederum entspricht dem Bodenwert multipliziert mit dem Liegenschaftszins. Außerdem ist der Liegenschaftszins im Ertragswertverfahren wichtig zur Ermittlung des Vervielfältigers.
Doch was genau verbirgt sich hinter dem Liegenschaftszins? Die Antwort dafür liefert § 14 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV). Darin findet sich für den Liegenschaftszins diese Definition:
- Liegenschaftszinssätze sind die Zinssätze, mit denen Verkehrswerte von Grundstücken je nach Grundstücksart im Durchschnitt marktüblich verzinst werden.
- Sie sind auf der Grundlage geeigneter Kaufpreise und der ihnen entsprechenden Reinerträge für gleichartig bebaute und genutzte Grundstücke unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer der Gebäude nach den Grundsätzen des Ertragswertverfahrens (§§ 17 bis 20) abzuleiten.
Der Liegenschaftszins gibt außerdem Auskunft darüber, mit welchem Risiko ein Immobilieninvestment verbunden ist. Ein hoher Liegenschaftszins deutet grundsätzlich auf ein größeres Anlagerisiko hin. Daher weisen Immobilien in weniger gefragten Lagen wie beispielsweise in Städten in Mecklenburg-Vorpommern höhere Liegenschaftszinssätze auf als Objekte in Frankfurt am Main oder in München.
2. Was beeinflusst die Höhe des Liegenschaftszinses und wie wird er ermittelt?
Wie hoch der Liegenschaftszins für ein Grundstück ausfällt, richtet sich nach verschiedenen Kriterien wie:
- der Lage der Immobilie
- der Art des Gebäudes
- der Restnutzungsdauer der Immobilie
Den gültigen Liegenschaftszinssatz als Tabelle erhalten Sie beim zuständigen Gutachterausschuss der Gemeinde. Wenn Sie Ihre Immobilie verkaufen möchten, kann der Immobilienmakler den jeweiligen Liegenschaftszins für Ihr Objekt in Erfahrung bringen.
Die Gutachterausschüsse ermitteln die Liegenschaftszinssätze anhand der Daten aus der Kaufpreissammlung. Dazu nutzen sie mathematisch statistische Analysen gemäß § 14 ImmoWertV. Da die Lage einen entscheidenden Einfluss auf den Liegenschaftszins hat, variiert der Zinssatz in größeren Städten von Bezirk zu Bezirk. Doch nicht für jede Region sind verlässliche Liegenschaftszinssätze erhältlich. Mitunter sind die Daten veraltet und spiegeln nicht die aktuellen Bedingungen am Immobilienmarkt wider. Für diesen Fall hat der Gutachter die Möglichkeit, den Liegenschaftszins zu berechnen und dafür selbst Vergleichsstudien anzustellen. Vergleichsstudien bieten den Vorteil, dass sich der Liegenschaftszins sehr präzise unter Berücksichtigung der aktuellen Marktsituation bestimmen lässt. Da es sich dabei um ein recht aufwendiges Verfahren handelt, sollte ein erfahrener Gutachter bei der Immobilienbewertung zurate gezogen werden.
Vereinfachte Berechnung des Liegenschaftszinses
Vereinfacht erklärt entspricht der Liegenschaftszins dem Verhältnis von Jahresnettomieteinnahmen und Kaufpreis des Objekts. Wenn Sie den Liegenschaftszins einer Immobilie grob berechnen möchten, lässt sich dafür folgende Formel heranziehen:
- Liegenschaftszins = Jahresnettomieteinnahmen / Kaufpreis
Mit dieser Formel können Sie den Liegenschaftszins vorläufig berechnen und das Risiko einer Kapitalanlage besser einschätzen. Wirklich aussagekräftig ist diese Rechnung aber nicht, da der Bodenwert und die wirtschaftliche Restnutzungsdauer des Gebäudes nicht einfließen. Bedenken Sie daher, dass die Formel kein genaues Ergebnis liefert und für die Ermittlung des Verkehrswerts einer Immobilie daher nicht zu empfehlen ist.
Lassen Sie den Marktwert Ihrer Immobilie von einem erfahrenen Gutachter ermitteln. Der Experte für Wertermittlung greift auf aktuelle Marktdaten zurück und ist so in der Lage, den Wert realistisch einzuschätzen. Ein zu hoch oder zu niedrig angesetzter Liegenschaftszins kann größere Unterschiede beim Verkaufspreis der Immobilie ausmachen.
3. Wann wird der Liegenschaftszins benötigt?
Hilfreich ist der Liegenschaftszins in folgenden Situationen:
- Immobilie verkaufen: Für den Immobilienverkauf ist es wichtig zu wissen, wie viel das Objekt wert ist. Der Liegenschaftszins ist für das Ertragswertverfahren als Rechengröße maßgeblich, wenn Sie Ihre Gewerbeimmobilie verkaufen oder Ihr Mehrfamilienhaus verkaufen wollen.
- Immobilie erwerben: Auch als Käufer sollten Sie sich Klarheit darüber verschaffen, ob der Kaufpreis dem tatsächlichen Marktwert der Immobilie entspricht.
- Vermögensaufteilung: Im Rahmen einer Erbschaft oder einer Scheidung besteht Klärungsbedarf darüber, welchen Wert die Immobilie hat.
- Finanzierung einer Immobilie: Bei der Aufnahme eines Kredits lässt die Bank den Verkehrswert des Objekts berechnen.
- Steuerliche Zwecke: Für die Erhebung von Grundsteuern und weiteren Abgaben und Gebühren setzt das Finanzamt das Ertragswertverfahren ein.
Fazit: Für die Ermittlung des Verkehrswerts einer Immobilie ist der Liegenschaftszins als Rechengröße unerlässlich. Neben dem Liegenschaftszins ist die Vervielfältigertabelle (Barwertfaktor nach ImmoWertV) für das Ertragswertverfahren heranzuziehen. Gemäß § 20 ImmoWertV sind für die Kapitalisierung und Abzinsung Barwertfaktoren zugrunde zu legen. Der Barwertfaktor-Rechner bezieht sich auf die Restnutzungsdauer der Immobilie und den Liegenschaftszins. Barwertfaktoren dienen der vereinfachten Barwertberechnung und lassen sich direkt den Tabellen entnehmen.